Die
Dampfwalze
Ulrich Beck über
die schwerwiegenden Folgen des "Globalismus"
Von
Roland
Detsch
"Staat
und Gesellschaft spielen noch Mühle, während die Wirtschaft schon
am Schachbrett sitzt, und dieselben Figuren werden einmal im Mühlespiel
und einmal im Schachspiel benutzt, und der Staat ist plötzlich,
obwohl er glaubt, dass er noch Mühle spielt bereits schachmatt
gesetzt." Dies ist eines der stärksten Bilder, mit denen
Ulrich Beck die Ohnmacht der territorialen Staatsgewalten gegenüber
der entterritorialisierten Macht multinational agierender
Unternehmen unter den Bedingungen der Globalisierung verdeutlicht. Freiheit
oder Kapitalismus -- so lautet in bissiger Antithese zur
einstigen Parole der Unionsparteien gegen Sozialismus, respektive
"Sozis", der Titel dieses Buches, in dem der
Feuilletonchef der Süddeutschen Zeitung, Johannes Willms, in
der Rolle des Stichwortgebers den Münchner Soziologen anhand
aktueller soziopolitischer Probleme zum Diskurs seines Werkes
animiert.
In gewohnter
Scharfsichtigkeit entlarvt Beck dabei die Globalisierung als
neoliberalistisches Projekt zur "Durchkapitalisierung der
Weltgesellschaft", als ideologischen Globalismus, der
wie eine Dampfwalze die "Kultur der Vielfalt" einebnet,
die ihm als eigentliches Fundament seiner "Zweiten
Moderne" gilt. Er macht dies etwa an dem um sich greifenden
atomisierenden Individualismus fest, der in radikalem Bruch mit den
Traditionen eine Gesellschaft moderner "Selbstunternehmer"
gebiert, die trotz materiellen Wohlstands in ständiger
Existenzangst leben müssen. Unter dem Eindruck der welterschütternden
Finanzkrisen spricht Beck von einer
"Weltrisikogesellschaft", warnt vor einem "ökonomischen
Tschernobyl" und mahnt die Bildung "postnationaler
Kooperationsstaaten" als Gegenmacht zu den
"transnationalen Wirtschaftsakteuren" an.
Seine eigene Zunft
sieht der Soziologe ebenso wie die Politik noch viel zu sehr in der
nationalen Containermentalität und den
"Zombie-Kategorien" der "Ersten Moderne"
verhaftet, als dass sie einen brauchbaren Beitrag zum
(intellektuellen) Kampf für eine kosmopolitische Kultur der
Freiheit im Sinne einer "Zweiten Aufklärung" leisten könnte.
Dieses Buch ist eine hervorragende Einführung in Topik und
Gedankenwelt eines der kreativsten deutschen Denker unserer Zeit. |